Schlussendlich der letzte Teil der Trilogie: Theologie auf Japanisch.
Der Unterricht in Kyoto wurde mit einer Abschlussfahrt nach Tokyo belohnt, die einen tatsächlich an die guten alten Klassenfahrten in der Mittelstufe erinnerte. Danach hieß es dann „Feiern für die Götter“, und ich rede hierbei vom Geburtstag des Kaisers (23.12.), Weihnachten, Silvester und Neujahr. Letzteres dauert drei Tage, in denen man die Familie besucht, putzt, die Götter des neuen Jahrs willkommen heißt und Unmengen Mochi verpeist (s. Bild). Kurios: Weil der 24. Dezember kein Feiertag ist und somit jeder bis spätabends arbeitet, feiert man Weihnachten halt schon am 4. Advent. Übrigens auch Nicht-Christen, doch für die ist das ganze mehr so ein „Fest der Liebe“, und ich rede nicht von Agape.
Von nun an trudelten die ISJPler so langsam aus, manche bekamen noch Besuch, manche absolvierten Praktika. Jedenfalls standen die Zeichen auf Freizeit. In dieser durfte ich zwei Wochen dem anglikanischen Priester meiner Ersatz-Heimatgemeinde über die Schulter schauen, was zweimal täglich Eucharistie, einen Sonntag voller Gottesdienste und Sunday Schools, Bibelkreise en masse und Kindergärtnerei bedeutete. Dazu bekam ich viel Gelegenheit, die Gemeindemitglieder mit meinen Horrorgeschichten zu gruseln: In Deutschland geht nur 1% der Christen in den Gottesdienst, noch weniger lesen die Bibel, und vor Unmoral schützt die Taufe leider auch nicht.
Eine weitere Woche verbrachte ich in Sendai, nahe Fukushima, wo der Tsunami besonders viele Existenzen zerstört hatte. Dort konnten sich die Kirchen mit Disaster-Relief-Work einen Namen machen, und auch fünf Jahre nach der Katastrophe wurden noch immer herzlich Freiwillige willkommen geheißen. Also ab in den Norden. Von Religion sprach man dort kaum, dafür umso mehr von seinen Erfahrungen, seinen Ängsten und seiner Situation. Ich durfte die bizarrsten Geschichten hören und hatte das Gefühl, einfach nur durch meine Anwesenheit und meine weite Reise den Menschen (die teilweise noch immer in Notunterkünften wohnen) eine Freude zu machen.
Ende Februar machte sich so langsam die Sehnsucht nach Vollkornbrot, Rechtsverkehr und Fachwerkstil breit, und so reakklimatisierte ich mich schon mal, indem ich als Betreuer bei der Konfi-Freizeit der deutschen Gemeinde Tokyo mitfuhr. Dabei machte ich die Bekanntschaft mit deutschen Jugendlichen, die in der Schule und mit ihren Geschwistern lieber Englisch reden, nie in Deutschland gewohnt haben und nicht wissen, wohin sie nächstes Jahr ziehen werden. Hut ab für die Auslandspfarrer und –pfarrerinnen in aller Welt, die sich bemühen, diesen jungen Erwachsenen eine Heimat in der Kirche zu bieten.
Ein passendes Schlusswort, mit dem ich vorerst verabschiede. Jetzt steht wieder gut deutsche protestantische Theologie in Heidelberg an.
Bis bald in der EKiR!