Habe ich mich wirklich richtig entschieden?
Was tue ich mir hier eigentlich an?
Ist es schon zu spät noch zu wechseln?
Klingt vertraut? Dann habt ihr euch wohl auch schon durch die Anfänge des Theologiestudiums durchgeschlagen und für Sprachprüfungen gebüffelt, sei es Griechisch, Hebräisch oder Latein. An dieser Stelle einen großen Applaus an alle, die diese Hürde schon erfolgreich gemeistert haben, ihr habt Ausdauer bewiesen!
Dass die alten Sprachen den typischen Start des Theologiestudiums markieren ist bekannt. Aber vielleicht habe ich ein wenig zu laut nach Herausforderung gerufen, als ich mich hoch motiviert für einen Griechisch-Intensiv-Sprachkurs noch vor Beginn des ersten Semesters angemeldet habe. Mein Studium hatte noch nicht angefangen und ich war überzeugt, ich könne das Studium innerhalb der Regelstudienzeit abschließen.
Diesen Gedanken habe ich schon nach dem ersten Tag Griechisch-Unterricht verworfen. Mir ist nach 10 Minuten bewusst geworden: Es geht hier nicht darum die Beste zu sein, sondern darum zu überleben!
Ja gut, vielleicht stelle ich das gerade ein wenig dramatisch dar. Es sei ja dazu gesagt, dass ich als Einzige im Kurs noch kein Latinum besessen habe, und die Grammatikerläuterungen des Dozenten „Das können Sie also aus dem Lateinunterricht ableiten“ haben mich leider ein ganzes Stück hinter den Stand der anderen zurück geworfen. Die erste Unterrichtseinheit bestand nicht nur darin, das uns fremdartige Alphabet der alten Griechen zu verinnerlichen, sondern direkt den ersten Text über die Philosophen Thales und Anaximandros zu übersetzen.
Die ersten Wochen des Kurses musste ich daher eine ganze Menge mehr lernen als diejenigen, die glücklicherweise das Latinum schon in der Tasche hatten.
Nachdem ich mir noch einmal die deutsche Grammatik zu Gemüte geführt habe, denn der Dativ ist bekanntlich dem Genetiv sein Tod, habe ich diese Lücken ganz gut geschlossen. Tatsächlich macht das Übersetzen ja auch Spaß, dieses Zugeständnis muss ich ja machen.
Von lustigen Übersetzungen wie „Die Tür schreitet voran“ und Geschichten rund um die Protagonisten namens „Der Proll und der Faulpelz“ lässt man sich gerne von der Tatsache ablenken, dass man sechs Wochen Zeit hat, um gut 900 Vokabeln zu lernen. Und obwohl mir diese sechs Wochen sehr sehr lang vorkamen, war der Klausurtermin schneller da als gedacht.
Ich hatte viel für die Prüfung gelernt. Sehr viel. Mein Sozialleben habe ich ein wenig vernachlässigt, um ehrlich zu sein. Aber das Arbeitspensum hätte ich sonst nicht geschafft. Belohnt wurde ich damit, mit einem halbwegs guten Gefühl aus der Klausur gegangen zu sein, obwohl sich mein Mantra innerhalb der sechs Wochen von „so gut wie möglich abschließen“ auf „Hauptsache bestanden“ geändert hatte.
Von den 25 Leuten, die mit mir den Kurs begonnen haben, hatten 15 die Klausur geschrieben. Und für uns alle hieß es warten, warten, warten und bangen um die Ergebnisse.
Der Schock kam unerwartet morgens um acht. Schnell war klar: es hatten nicht alle bestanden. Aber auch nicht alle hatten persönlich eine Mail vom Dozenten bekommen. Dank der schnellen Verbreitung durch Whats App ploppte auf meinem Handy kurz darauf eine Liste der Studenten auf, die bestanden hatten und zum nächsten Kurs zugelassen wurden. Und… ich war nicht dabei.
Da hilft dann auch drei Mal gegenlesen leider nichts, ich stand nicht auf der Liste.
Tja und da flog sie dann winkend vorbei, meine Motivation. All die Arbeit, die ich in den Griechisch-Kurs gesteckt hatte, war wohl doch nicht genug gewesen. Mir kamen die Zweifel: Bist du doch nicht schlau genug für ein Theologiestudium?
Ja wirklich, ich habe mich sogar schon nach Alternativen umgesehen gehabt. Obwohl ich es legitim finde ein wenig zu schmollen, wenn man eine Klausur nicht bestanden hat, war ich schon sehr voreilig unterwegs.
Gott sei Dank kam dann der Wendepunkt in meinem selbstverfassten Drama! Nach einem Tag Selbstmitleid erreichte mich dann die Mail des Dozenten mit der Nachricht: Liebe Frau Held … technische Probleme … Entschuldigung … Sie haben die Klausur doch bestanden. Und das sogar mit einem guten Ergebnis.
Was für eine Erlösung!
Gefeiert habe ich das natürlich ordentlich. Und bin dann doch nicht mehr zum Germanistikstudium gewechselt, wie ich es mir kurz wehleidig überlegt hatte.
Inzwischen hat das Semester begonnen und ich bin froh, dass ich doch noch nach einem kleinen mentalen Schwenker im Theologiestudium angekommen bin.
Es warten sicherlich noch viele Herausforderungen auf mich, aber meine Lektion habe ich definitiv gelernt: Niemals das Ziel aus den Augen verlieren! Motivation ist key, dann ist alles schaffbar.
Außerdem liegt es ja nicht an dir, sondern an der Technik 😉